von Silke Freitag und Attila Revada
Wir kennen kaum ein anderes Paar in der Martial Arts Szene, dass so ihren Sport liebt und supportet wie das Ehepaar Cherry & Angelo Dijoor. Äußerlich könnten die beiden einem Liebesroman entsprungen sein. Cherry, rein optisch, als die Femme fatale und Angelo als draufgängerischer Held einer leidenschaftlichen Story.
Im echten Leben ist das Paar eine große Bereicherung für den Kampfsport. Neben ihren Aktivitäten
als Referees, sieht man beide auch als Punkterichter, Trainer und in Angelos Fall zuletzt auch als Kämpfer im MMA, K1 oder Boxen. Allerdings verkündet er in unserem Interview seinen Abschied als aktiver Athlet. Als Boxer gewann er viele Titel und vor etwa 3 Jahren auch das Herz seiner reizenden Frau. Cherry fand nach einer erfolgreichen Zeit als Tänzerin irgendwann den Weg zum Kampfsport, wo sie bis vor einigen Jahren auch selbst Kämpfe bestritten hatte.
“Hart aber herzlich“, so kann man die beschreiben. Mit dem sympathischen Paar aus den Ruhrpott sprachen Silke und Attila von German Fightnews.
Silke & Attila German Fightnews: Wann habt Ihr euch kennengelernt und seit wann seid ihr verheiratet? Gibt es da eine “Hollywood-Story“ zu oder hat euch der Kampfsport zusammen gebracht?
Cherry: (Beide lachen) Hollywood-Story nicht so ganz, aber es war im Jahr 2011. Ich habe mich nach einem neuen Gym umgeschaut und landete so bei einem Probetraining in der Sportschule Mülheim. Da stand er plötzlich vor mir, der charmante Boxtrainer…
Angelo: Wegen Cherry hab ich das Rauchen wieder angefangen, um einen Grund zu haben, nach dem Training mit ihr ins Gespräch zu kommen. (Angelo lacht) Später habe ich ihr dann über Facebook, da ich mich “Face to Face“ nicht getraut habe, auf persisch eine romantische Einladung zum Essen unterbreitet und der Rest lief wie geschmiert.
Cherry: Ja, die Chemie hat gleich von Anfang an gestimmt und im August 2012 haben wir unsere unvergessliche Hochzeit gefeiert. Selbstverständlich mit Flitterwochen im Land unseres Sportes Thailand.
German Fightnews: Wie sehen eure Kampfsport-Biografien aus?
Angelo: Leider konnte ich erst mit 17 das Boxen anfangen, da meine Mutter nicht begeistert von der Idee Kampfsport war. Mit 18 habe ich dann 
meinen ersten Boxkampf bestritten und habe in den Jahren 2000 und 2001 mehrere Stadtmeisterschaften, Niederrheinmeisterschaften, Verbandsmeisterschaften und die Westdeutsche Meisterschaft gewonnen. Verletzungsbedingt musste ich dann leider eine Zeit lang pausieren und habe ca. 2004 mit Thai und Kickboxen angefangen. 2006 habe ich in der türkischen Hauptstadt Ankara während eines Auslandsstudiensemesters den Efescup gewonnen. 2008 habe ich in der Sportschule Mülheim bei Jean-Claude Capanna mit Luta Livre angefangen und 2010 dann meinen ersten MMA Kampf bestritten. Im Jahr 2009 habe ich in der Sportschule Mülheim angefangen zunächst Boxkurse zu leiten und habe später dann auch Muay Thai und MMA Standupkurse geleitet.
Cherry: Eigentlich komme ich aus dem Tanzen. Ich habe lange Zeit sehr erfolgreich und viel getanzt. Irgendwann begeisterte mich K1 auf Eurosport so sehr, dass ich darin eine neue Herausforderung für mich sah. Ich begann das Thaiboxen im Masters-Gym Duisburg, wo mein damaliger Trainer Klaus Waschkewitz schnell mein Talent erkannte. Unter Klaus habe ich auch gekämpft und 2009 meine Referee und Trainerlaufbahn begonnen.
German Fightnews: Was für ein Gefühl ist es für euch, wenn der Partner bzw. die Partnerin einen harten Kampf bestreitet und schwere Treffer einstecken muss?
Cherry: Angelos erster Kampf, den ich mir angesehen habe, war bei der Respect und nicht ganz einfach für mich. Klar war ich vorher schon lange 
selbst in der Kampfsportszene aktiv, aber meinen Partner live kämpfen zu sehen, war eine neue Erfahrung für mich. Heute macht mir das, ehrlich gesagt, nicht mehr so viel aus. Ich sehe in ihm einen talentierten Kämpfer und in solch einer Situation, grade wenn ich in seiner Ecke stehe, versuche ich ihm so gut es geht eine Stütze zu sein und Ruhe auszustrahlen. Gleichzeitig bin ich aber auch seine vielleicht härteste und ehrlichste Kritikerin und sage ihm immer wie und was noch zu verbessern ist.
Angelo: Für mich war das sehr einfach. Als ich Cherry kennenlernte, war ihre Zeit als aktive Kämpferin zum Glück bereits vorbei_(lacht). Cherry macht immer noch des Öfteren hartes Sparring im Training und wenn ich sehe, ihr setzt jemand zu hart zu, nehme ich ihn mir in der nächsten Runde gleich selbst vor (zwinkert dabei).
German Fightnews: Ihr seid beide Referees. Angelo hat bei diversen Veranstaltungen gekämpft und unmittelbar danach noch den Schiedsrichter gegeben und anschließend wieder gekämpft. Zwischendurch habt ihr zusammen eure Kämpfer betreut. Nicht umsonst wurde Angelo von Attila bei den MMA Bundesliga Finals zum härtesten Mann des Abends ernannt. Wie schafft man es in einer solchen Situation, einen anderen Kampf noch richtig zu beurteilen? Immerhin warst du erst Schlichter (Ringrichter), dann Kämpfer und danach sollst du wieder zwei Kontrahenten im Kampf kontrollieren und evtl. zwischendurch auch noch Punktrichter sein?
Da kann doch vor allem der Fokus auf einen Kampf verloren gehen, bzw. die nötige Aggression, oder?
Angelo: Das fällt mir nicht so schwer, wie sich das vielleicht für manche anhören mag. Ich bin vor Kämpfen nicht mehr so sehr aufgeregt, wie ich es früher mal war. Ich sehe die Kämpfe heute sehr sportlich, egal ob ich selbst kämpfe, einen Kampf leiten muss oder einer unserer Schützlinge im Ring steht. Am Ende gibt es einen Gewinner und einen Verlierer und nach dem Kampf ist vor dem Kampf.
German Fightnews: Könntest du, Cherry, auch Punktrichterin, Ringrichterin, Betreuerin und die harte Kämpferin an einem Abend sein?
Cherry: Ich müsste mich erst in solch einer Situation wiederfinden, um das beurteilen zu können. Allerdings muss ich sagen, dass da eine gewisse Portion „Beklopptheit“, im positiven Sinne, zugehört, die bislang, und das ist deutschlandweit einzigartig, nur mein Mann an den Tag legt.
German Fightnews: Angelo, Hand aufs Herz, deine attraktive Frau zieht ja immer viele Blicke auf sich. Die Luft bei den Kampfabenden ist immer Testosteron geladen. Wie geht man damit als Mann um? Bist du da eher locker oder kommt da auch mal die Eifersucht durch?
Angelo: Ich vertraue meiner Frau blind und bin ein selbstsicherer Typ. Deshalb kann ich mit solchen Situationen gut umgehen. Ich muss aber auch sagen, dass die Personen, die Cherry „anglotzen“, den nötigen Respekt haben und wegschauen, sobald ich das Feld betrete. Ich glaube, wenn das anders wäre, könnte ich nicht so ruhig bleiben. Mein Testosteronspiegel ist nämlich auch nicht gerade niedrig (lacht wieder).
German Fightnews: Was seid ihr denn in erster Linie lieber? Kämpfer oder Referees?
Cherry: Mein Herz gehört dem Sport. Egal auf welche Weise ich mitwirke, es ist immer eine tolle Erfahrung aktiv dabei zu sein. Beides hat seine schönen und schlechten Seiten. Ich könnte pauschal nicht sagen, was ich lieber mache. Ich liebe den Kampfsport in seiner Gesamtheit.
Angelo: Referee sein macht mir großen Spaß, aber immer wenn ich am Ring stehe, will ich auch wieder kämpfen. Aber irgendwann muss man Platz für die jungen Wilden machen. Diese Zeit ist für mich nun gekommen, auch wenn es mir meist sehr schwer fällt.
German Fightnews: Also sehen wir dich nicht mehr kämpfen oder gibt es da noch einen Abschiedsfight?
Angelo: Mein Abschiedsfight sollte bei der Veranstaltung “Its Lanna Time“ gegen Karl Stahl stattfinden. Leider hat er diesen Kampf kurzfristig 
abgesagt, so dass ich meinen letzten Kampf gegen Roman Palamer von der Fight Lounge Dortmund bestritten habe. Das ist ein junger Wilder und er war ein sehr starker Gegner. Ihr habt es ja selbst gesehen: Er hat mir nochmal einiges an Erfahrung abverlangt.
Für mich ist die Zeit als aktiver Kämpfer vorbei und ich gebe nun mein Wissen an meine Schützlinge weiter. Durch sie kämpfe ich noch weiter und wir gewinnen und verlieren zusammen.
German Fightnews: Trainiert Ihr zusammen, bzw. wer trainiert Angelo vor seinen Fights?
Angelo: Ja, wir trainieren zusammen. Vor meinen Kämpfen versuche ich mich auch mit Cherrys Hilfe vorzubereiten. Vor meinen letzten Kämpfen hatte ich tolle Unterstützung von Armin Rostdam von Fightology in Dortmund. Dafür an dieser Stelle nochmal ein großes Dankeschön an Armin.
German Fightnews: Und wie oft trainiert ihr in der Woche? Und haltet ihr euch an einen bestimmten Ernährungsplan?
Cherry & Angelo: Wir trainieren mindestens 2 Mal die Woche. In der Wettkampfvorbereitung natürlich mehr. Unser Ernährungsplan lautet: Iss alles was dir schmeckt (Beide lachen)!
German Fightnews: Welche der verschiedenen Kampfsportarten sind eure Favoriten?
Angelo: Boxen
Cherry: K1
German Fightnews: Die zweite Jahreshälfte ist schon eingeläutet. Was waren bisher eure speziellen Highlights 2014, die UFC, Boxen im TV, Turniere bei denen ihr dabei wart oder doch nur die Fußball WM?
Und auf was freut ihr euch dieses Jahr besonders? Die Fair.FC, GMC oder die weiteren kleineren Events, die auch noch anstehen.
Cherry: Für mich war eines der Highlights definitiv der Kampf von Jorina Baars gegen Chris Cyborg. Ich durfte Jorina bei dem Amazonen Turnier von Isa Topal schon live sehen und war gleich begeistert von ihr. Gegen Cyborg hat sie einen Wahnsinnskampf abgeliefert und verdient gewonnen. Leider muss ich sagen, dass der Boxsport in letzter Zeit für mich nicht mehr allzu attraktiv wirkt. Dafür bin ich wie viele andere Fans zu oft schwer enttäuscht worden, wie z.B von verschiedenen Referee-Entscheidungen, aus denen sehr oft nicht der wahre Gewinner hervorgeht.
Gerade als Referee muss ich sagen, dass ich das echt enttäuschend finde. Ich denke, nur wer selbst im Ring gestanden hat und das Blut, den 
Schweiß und die Tränen geschmeckt hat und somit auch Kampferfahrung besitzt, kann einen Boxkampf wirklich richtig werten.
Angelo: Für mich war die letzte Fair FC definitiv ganz weit oben auf der Liste. Ich freue mich auch schon auf die nächste Ausgabe. Außerdem finde ich den Boxer Gennadi Golowkin Weltklasse. Seine Kämpfe sind jedes Mal ein Highlight für mich. Da bleibt kein Raum für Fehlentscheidungen. Sein Kampfrekord von 30 Kämpfen / 30 Siegen und 27 durch KO spricht eine deutliche Sprache. Ich denke aber nicht, dass man unbedingt selbst im Ring gestanden haben muss, um einen Kampf richtig zu werten, teile aber Cherrys Meinung, dass es viel zu oft Fehlentscheidungen im Boxsport gibt, die natürlich dann auch ein schlechtes Bild auf den Sport werfen.
German Fightnews: Ihr beiden seid auch schon etwas länger in der Kampfsportszene dabei. Spürt ihr mehr und mehr einen Aufschwung im MMA und was glaubt ihr, wann dieser Sport endlich so boomt wie in Polen, Russland oder den Niederlanden?
Cherry & Angelo: Wir sind schon sehr nah dran und befinden uns auf einem guten Weg.
Die UFC hat uns dieses Jahr in Berlin gezeigt, dass in Deutschland definitiv die Fanbase da ist und stetig wächst. Grade da die Kämpfer im MMA immer mehr zu Allroundtalenten heranwachsen, die sowohl im Standup als auch am Boden stark sein müssen, nimmt die Qualität der Kämpfe auch stetig zu. Es ist nicht mehr einfach, nur als Bodenkämpfer oder Standupkämpfer in der oberen Liga mitzuspielen. Mann muss heutzutage wirklich ein kompletter Kämpfer sein, für den MMA Sport leben. Wir denken, dass gerade diese Voraussetzung den MMA Sport in den letzten Jahren für eine breitere Masse attraktiver gemacht hat und weiterhin machen wird.
Wir bedanken uns bei Cherry und Angelo für das sehr nette Interview und freuen uns schon in naher Zukunft auf einen Besuch in ihrem Gym. Wir wollen den Kampfsport-Freunden dann ein Video von ihrem Trainingsalltag und Kollegen im Gym zeigen.