Geschichte des Boxsports: Teil 1
Muhammad Ali war Jack Johnson Fan
Muhammad Ali gilt für viele Fans und Experten als der größte Boxer aller Zeiten, der selbst allerdings Jack Johnson (1878 – 1946) verehrte, den wahrscheinlich heute kaum noch jemand kennt. Johnson war der erste schwarze Boxweltmeister im Schwergewicht und ein gnadenloser Puncher, der in unserer Zeit wahrscheinlich eine unsterbliche Legende geworden wäre.
Johnson wurde zeitlebens wegen seiner Hautfarbe benachteiligt und gehasst. Er bestritt in seiner langen Karriere mindestens 127 Kämpfe, von denen er 92 gewinnen konnte. Lediglich 14-mal verließ er den Ring als Verlierer, wobei man davon ausgehen darf, dass einige Niederlagen aufgrund von Fehlurteilen zustande kamen. Eine Niederlage erlitt Johnson sogar im Alter von sage und schreibe 60 Jahren.
Als Boxfan muss man Ali zustimmen, denn Jack Johnson war einer der größten Boxer aller Zeiten und gehört zurecht in einem Atemzug mit Legenden wie Mike Tyson, Joe Frazier und eben auch Ali genannt.
Alis Respekt vor Teófilo Stevenson
Wer kennt die kubanische Boxlegende Teófilo Stevenson? Ältere Boxsport-Fans dürften zumindest den Namen schon einmal gehört haben, aber von den jüngeren Fans wohl nur die wenigsten. Das ist auch keine Schande, wenn man den Kubaner nicht kennt, aber wenn doch, dann Respekt dafür. Für seinen geringen Bekanntheitsgrad gibt es einen Grund: Stevenson war nie Profi.
Ali sagte über ihn:
„Obwohl er nie professionell gekämpft hat, garantiert der Umstand, drei Goldmedaillen bei drei verschiedenen Olympischen Spielen gewonnen zu haben, dass er ein hervorragender Gegner für jeden amtierenden Champion des Schwergewichts oder jeden Herausforderer in dessen Bestform gewesen wäre. Ich werde mich immer an das Treffen mit dem großen Teófilo in seiner Heimat Kuba erinnern. Er war einer der Großen dieser Welt, und war gleichzeitig ein warmherziger Mann, den man umarmen konnte.“
Diese Worte hat Ali aus tiefem Respekt vor der Klasse des Kubaners gesagt, der 2012 in seiner Heimat starb. Und Alis früherer Widersacher George Foreman war sich sogar sicher, dass Stevenson jeden Schwergewichtler aus dem Profilager seiner Zeit geschlagen hätte. Mit dieser Meinung stand „Big George“ nicht alleine da.
Es gibt so viele Boxer vor und nach der Ära Ali, die im Schwergewicht und auch den Gewichtsklassen darunter den Boxsport prägten und es teilweise noch heute tun. Zu nennen wäre da vor allem ein Rocky Marciano († 31. August 1969) in der Vor-Ali-Ära.
Die höchste KO-Quote aller Schwergewichtsweltmeister
Wer keine anderen Kämpfer außer Ali oder Tyson kennt, lebt wahrscheinlich als junger Mensch in der heutigen Zeit und interessiert sich vor allem für Mixed Martial Art oder Fußball. Aber kein Vorwurf, denn sie wissen es einfach nicht besser, da sie keinen Bezug zu vielen verstorbenen Legenden haben. Kennen sollte man allerdings Rocky Marciano, der sagenhafte 87,76 Prozent seiner Gegner vorzeitig besiegen konnte und somit die höchste Knockout-Quote aller Schwergewichtsweltmeister in der Geschichte des Profiboxen aufweist. Wer es schafft, sich hunderte Videos von Ali und Tyson zu Gemüte zu ziehen, sollte sich unbedingt auch die Bewegtbilder von Marciano ansehen. Sein Kampfstil war sicherlich nicht wie der von Ali technisch anspruchsvoll, aber dafür hatte der „The Brockton Blockbuster“, wie Marciano auch genannt wurde, eine unmenschliche Power und hohe Nehmerqualitäten. Der Italoamerikaner war von 1952 bis 1956 ohne Unterbrechung Weltmeister und beendete seine Karriere mit einer makellosen Bilanz von 49-0 Siegen.
Erst 2015 konnte Floyd Mayweather Jr. mit 49:0 Siegen gleichzuziehen und 2017 übertraf Mayweather mit 50 Siegen sogar Marcianos Bilanz. Allerdings sollte man dazu auch wissen, dass der 50. Sieg von Mayweather im Kampf gegen MMA-Kämpfer Conor McGregor zustande kam und wenn man ehrlich ist, eigentlich auch nur ein hochbezahlter Showkampf war.
Marciano trat im Gegensatz zu vielen anderen Legenden auf seinem absoluten Höhepunkt ab und ließ sich nie zu einem Comeback überreden. Marciano kam einen Tag vor seinem 46. Geburtstag bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Henry Maske & Axel Schulz
Auch wenn sich mancher Fan jetzt aufregen wird, aber zumindest zur deutschen Boxgeschichte gehört auch der Name Henry Maske, der in Deutschland nach der Wende einen regelrechten Box-Boom auslöste. Von Maskes einstiger Strahlkraft zehrt bis heute noch eine ganze Szene, auch wenn das deutsche Boxen schon längst den Glanz der 1990er Jahre verloren hat. Man muss auch kein Fan von Maske und seinem Boxstil sein, um dessen Verdienste zu würdigen.
Auch Axel Schulz , der sicherlich nicht zu den größten deutschen Boxhelden gehört, wollen wir hier nicht unerwähnt lassen. In der Ära von Henry Maske tat sich der 1968 in Bad Saarow-Pieskow in der ehemaligen DDR geborene Boxer als Publikumsmagnet hervor. Bei seinem Weltmeisterschaftskampf am 9. Dezember 1995 gegen François Botha erzielte RTL eine Einschaltquote von 18 Millionen Fernsehzuschauer, was einiges über die Beliebtheit von Schulz aussagt. Der Kampf, den Schulz verloren hatte, wurde nachträglich „No Contest“ gewertet.
Eigentlich hätte er sich zuvor im gleichen Jahr sogar Weltmeister nennen dürfen. Schulz wurde nämlich der Sieg im Titelkampf gegen George Foreman verwehrt. Schulz war am 22. April 1995 in Las Vegas der bessere Boxer, doch die Punktrichter sahen Foreman nach Mehrheitsentscheid vorne. Er wäre nach Max Schmeling bis heute der erst zweite deutsche Schwergewichtsweltmeister geworden. So aber ist Axel Schulz einer der tragischsten Boxhelden Deutschlands.
Maske, Schulz und einige Boxer nach ihnen, haben ein Stück deutsche Boxgeschichte mitgeschrieben.
Max Schmeling
Das gilt natürlich besonders für Max Schmeling (1905 – † 2005) , der weit vor Maske und Co. bis heute die größte Boxlegende Deutschlands ist. Schmeling konnte als letzter deutscher Schwergewichtsboxer den echten Weltmeistertitel gewinnen. Am 12. Juni 1930, gewann er in New York gegen Jack Sharkey den vakanten Weltmeistertitel im Schwergewicht. Was viele heute nicht wissen: Schmeling gewann nach einem regelwidrigen Tiefschlag seines Gegners den Titel, da er in der vierten Runde nicht mehr weiterkämpfen konnte und Sharkey disqualifiziert wurde. Bis heute ist Schmeling so der einzige Weltmeister, der seinen Titel durch eine Disqualifikation seines Gegners gewann. Nachdem er ein Jahr später seinen Titel gegen Young Stribling verteidigen konnte, traf Schmeling am 21. Juni 1932 in Long Island im Madison Square Garden Bowl erneut auf Jack Sharkey. Diesmal musste sich die deutsche Boxlegende dem US-Amerikaner nach 15 Runden nach Punkten geschlagen geben.
Fälschlicherweise denken bis heute viele seiner Fans, dass Schmeling in seinem wohl berühmtesten Kampf Weltmeister wurde. Doch als er am 19. Juni 1936 in New York gegen den als unschlagbar geltenden Joe Louis antrat und in der 12. Runde sensationell durch KO gewann, ging es um einen WM-Ausscheidungskampf. Joe Louis war zu diesem Zeitpunkt noch kein Weltmeister, aber hatte vor dem Duell gegen Max Schmeling eine beeindruckende Bilanz von 27 Siegen in 27 Kämpfen.
Max Schmeling wurde so zum Herausforderer des amtierenden Weltmeisters Jim Braddock, den manche Fans wahrscheinlich erstmals in dem Spielfilm „Das Comeback“ (Cinderella Man) von 2004 namentlich wahrgenommen haben dürften. Russell Crowe spielte darin Braddocks Aufstieg zum Weltmeister.
Schmeling wurden gute Chancen zugeschrieben, als erster Schwergewichtsweltmeister den Titel zurückzuholen. Der Titelkampf sollte im Juli 1937 stattfinden, doch dazu kam es nie. Zum Unmut von Schmeling hatte Braddock längst einen Vertrag über einen Titelkampf mit Joe Louis unterschrieben. Braddock verlor später durch Knockout gegen „The Brown Bomber“. Anschließend verteidigte Joe Louis seinen Titel 25-mal und gehört zu einem der zehn besten Schwergewichte aller Zeiten.
Schmeling kämpfte, der in der Zwischenzeit drei Profikämpfe siegreich bestritten hatte, erst am 22. Juni 1938 in New York City erneut gegen Joe Louis um die Weltmeisterschaft. Doch diesmal sah der Deutsche schlecht aus. Er verlor schon in der ersten Runde durch technischen K.o und kämpfte danach nur noch einmal. Am 2. Juli 1939 traf Schmeling in Stuttgart im EM-Kampf auf den Bonner Adolf Heuser und gewann in der ersten Runde durch K.o..
Im Jahr 1940 wurde Schmeling in die Wehrmacht eingezogen, wo er sich bei einem Einsatz auf Kreta früh verletzte und als nicht-kriegsdienstverwendungsfähig eingestuft wurde. Aufgrund seiner Verletzung wurde Schmeling ab 1943 bis zum Ende des Krieges zum Wachdienst in verschiedenen Kriegsgefangenenlagern eingesetzt.
Eine bewegende Geschichte, die aber nur einen Bruchteil dessen ist, was Max Schmeling in seinem langen Leben erlebt hatte.
Fixierung auf Ali und Tyson
Manchmal ist man etwas enttäuscht, wenn man sich mit der jungen Generation unterhält. Mike Tyson und Muhammad Ali werden immer als Vorbilder genannt und auch wir lieben diese beiden Helden, aber wir sind auch dankbar für hunderte anderer Boxer, die wir heute nicht alle erwähnen konnten.
Große Boxer waren oder sind auch Sugar Ray Robinson, Teófilo Stevenson, Joe Frazier, Rocky Marciano, Joe Louis, Lennox Lewis, Manny Pacquiao, Sugar Ray Leonard, George Foreman, Floyd Mayweather Jr., Floyd Patterson, Ken Norton, Riddick Bowe, Vitali Klitschko, Thomas Hearns, Roberto Duran, Archie Moore, Andre Ward, Joe Calzaghe, Gennadi Golowkin, Miguel Cotto, Oscar De La Hoya, Ricky Hatton, Marvelous Marvin Hagler, Jack Johnson, Roy Jones jr. und und und…
Doch eines sollte man noch klarstellen: Respekt hat sich jeder verdient, der sich in den Ring stellt und sein Bestes gibt. Dafür muss man kein Weltmeister oder eine Legende sein. Aber wegen den ganz großen Legenden haben die meisten überhaupt mit dem Boxen angefangen, manche sogar nur wegen der fiktiven Filmfigur Rocky Balboa.
Boxen ist mehr als nur Muhammad Ali und Mike Tyson.
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