In unserer Rubrik „Karnas Corner“ analysiert und bewertet unser Boxexperte Karna Puri-Sengupta Jr. bevorstehende Kämpfe und blickt dabei auch auf vergangene Ereignisse zurück.
von Karna Puri-Sengupta Jr
Der zerstörerische Express aus Karaganda, Kasachstan wird an diesem Wochenende wieder rollen. Zu sehen im Free TV. Gut für die Popularität des Boxsports in Deutschland ist Gennady „GGG“ Golovkin unbestritten. Weiterhin kommt seine Art in der Halbdistanz zu “Stalken“, im Ring den Weg abzuschneiden, zu “Shiften“ bei den Menschen an.
Jetzt am Wochenende kommt ein weiterer Kampf gegen Martin Murray, der gegen Sturm immerhin unentschieden boxte (Ich hatte Sturm knapp mit 7:5 Runden vorne – Entscheidung war aber im Rahmen) und er hätte sicherlich auch gegen Sergio Gabriel Martinez zuhause gewonnen, nicht aber in Argentinien, wo er 2013 einstimmig nach Punkten verloren hatte. Murray hat zu den letzten Schlachtopfern von Golovkin (Macklin, Geale etc) vergleichsweise mehr Physis (183 cm) und geht als Supermittelgewichtler durch. Gegen Sturm und Martinez glänzte er durch Arbeitsrate und Physis. Er war trotz Treffer nie angeschlagen – steht zudem sehr kompakt, aber widmet dem Schutz des Kopfes mehr Aufmerksamkeit zu, als Leber und Rippen. Nach der stilistischen Konstellation, würde ich sagen, das es es auf keinen Fall 12 Runden dauert ,bevor Golovkin durch (T)KO gewonnen hat.
Würden beide Ihre Stile verwenden: Murray macht sich im Vorwärtsgang kleiner und verteilt in relativ hoher Frequenz aufwärts und seitwärts Haken. Dabei ist er an Leber und kurzer Rippe offen. Golovkin hat einen erschütternd harten Jab: An mittelmäßigen Abenden holt er mit seinem harten Jab dennoch einen Verletzungs-TKO – trotz mittelmäßiger (aber drückend überlegener) Leistung – als Beispiel der Kampf gegen Rosado: Golovkin kam erstaunlich nicht gut in Position, Rosado blieb geschlossen und bewegte sich gut, aber allein der Jab von GGG richtet viel Zerstörung an. Natürlich schlägt er auch spektakuläre Haken zum Körper oder eine rechte Grade, aber die Jabs reichen, um einen (z.B. für Cuts anfälligen) Gegner zu verschleißen. Schwer vorstellbar ist für mich der Rückwärtsgang bei Golovkin, aber seit dem Kampf gegen Geale, Proksa oder Curtis Stevens, weiß man das Golovkin durchaus verschiedene Pläne und Stile durchkreuzen kann. Ich würde Proksa mal als eine Art In&Out Fighter sehen, Daniel Geale ist irgendwie Calzaghe-Gedächtnis-Pitti-Pat Wattewerfer – stilistisch vielleicht ein Swarmer? Und Golovkin hat Sie alle ziemlich mittelmäßig aussehen lassen und abgefertigt. Bewiesen hat er bei den Kämpfen seine Körperhaken, Nehmerfähigkeiten und diesen harten Jab. Neben diesem in die Halbdistanz hineineilen (vielleicht “Shiften“) und eben den Kampf machen: spektakulär, hart und (schulmäßig) sauber aber doch treffbar. Das werden sicher ein paar harte Runden. Mein Tip ist ein (T)KO durch Golovkin. Murray wird mit Golovkin besser klar kommen als erwartet und auch treffen. Nach den Startrunden wird das aber in einem blutigen TKO vor Runde 10 enden. Es wird eher so ein Ermüdungs- und Materialknockout sein und kein One-Punch. Genug der Kaffesatzleserei.
Dieser Boxabend wird auch neben Golovkin mit Faustfechten dienen. Kein geringerer als King Arthur Abraham wird das Ringgeviert zu einem Kampf, den die Welt nicht wirklich braucht, betreten. Den ersten Fight gegen Paul Smith hat Abraham am 27. September 2014 in Kiel deutlich gewonnen – Smith über die Arbeitsrate, aber offen und treffbar. Mehr gibt es zu dem Kampf nicht zu sagen: Das sollte Abraham wieder deutlich über die Punkte machen, da der Killerinstinkt und der “Abrahammer“ seit dem Super Six eher Fehlanzeige sind. Aber gerade in Puncto Super Six artiges Turnier mit der (nennen wir Sie mal) B+ Elite. Stieglitz, Sturm, Abraham und sogar Jürgen Brähmer sind da auf Sat 1 alle in einer Gewichtsklasse unterwegs. Brähmer käme runter in das Supermittel und das würde bestimmt interessant werden. Sturm vs. Stieglitz war auch schön (gutes Amateurboxen/ gute Boxschule von Sturm): Quervergleiche hinken, aber hier hat man dennoch gesehen, wie limitiert Abraham und Stieglitz aussahen: Abraham, der kaum etwas tat und dann dabei nicht mal gut aussah gegen Stieglitz. Sturm hingegen boxte Robert spielerisch aus. Führhand-Gerade und Haken, Dubletten, gute Beinarbeit (bei Sturm nicht immer gut, siehe Macklin/Soliman). Stieglitz ab und zu mit Trommelfeuer auf die Deckung. Oftmals wirkt es nicht durchdacht, was SES Boxer da macht. Das wird als Weltspitze verkauft. Warum sollte Brähmer auch Kovalev oder Adonis Stevenson boxen, wenn er auch mit dem nicht als KO Monster bekannten Sturm oder Arbeitsraten-Wunder Abraham um Papiertitel boxen kann.
Aber wir werden bekommen, was wir wollen – uns bislang als Weltspitze verkaufte Namen werden in engen Kämpfen auf Augenhöhe um die „Krone“ wettstreiten. Es wird coole Trailer geben und Sat1 wird das in den Nachrichten im Sportteil berichten.
Demnächst mehr vom Leicht bis Weltergewicht u.a. der Super Fight Manny/Money.