Die anfängliche Freude über das erholende Wochenende, wich am heutigen Tage der „Bewusstseinsarbeit am Schmerz“. Jeder Sport hat eine Schmerzgrenze.
Rudern, Fussball, Jodeln, Schach, Klettern, Surfen, Drachenfliegen, Kochen, Tanzen, Singen etc. In Allem erreicht man den Punkt, an dem man denkt:“Es geht nicht mehr! Ich kann nicht mehr! Leckt mich doch alle am Arsch!“ Man kann den Text des Liedes nicht behalten, hat Höhenangst oder hat eine andere blöde Ausrede parat, nur um sich herauszunehmen, um nicht 100% zu geben, so wie vorher, als alles noch ganz prima lief. Zugegeben kann man das durchaus auch auf andere Lebensbereiche anwenden – doch ich verwende es mal hier. Ok?
Das sind, allgemein, genau die Stellen die man nehmen muss, um zur nächsten Stufe zu gelangen. Ist wie ein Level-Endgegner beim digitalen Spielvergnügen. So einen habe ich auch:
„Rippenprellung“ heisst meiner. Ihr erinnert Euch an meine letzte Trainingseinheit? Ich habe zwei Schlägen meines Großmeisters standgehalten.
Wie andere Menschen mit Schmerzen umgehen, kann ich natürlich nicht sagen. Für meinen Teil gilt:“Jammer nicht! Kämpfe!“ Ich kenne das Prinzip „am Schmerz arbeiten“. Nach und nach bekommt jeder im Raum mit das ich beschädigt bin. Irgendwas am rechten Rippenbogen macht zicken. Atmen ist schwer und schmerzt. Doch ich mache regulär mit – Schmerz ist ein Hindernis, jedoch kein Grund aufzuhören! Aufwärmen geht soweit gut – ich bin durchnässt bis auf die Haut – und die Lunge wird mir wohl noch eine ganze Weile pfeiffen, obwohl ich tatsächlich bereits nur noch ein Drittel der Kippen „geniesse“.
Fallschule. Vorwärtsrollen. Rückwärtsrollen. JETZT bemerke ich meine Einschränkung erst richtg! Wow. Süsser Schmerz. Huii. Geht nicht wirklich gut – doch was soll´s? So gut es geht mache ich weiter. Der Wille entscheidet. Gebrochen ist zumindest nichts – DAS fühlt sich anders an.
Weiter gehts.
Das Training war an keinem Tag so schwer für mich, wie heute. Nach den ersten Vorwärtsrollen, arbeite ich „unter Schmerz“. Merke: Körperliche Funktionstüchtigkeit hat überhaupt nix mit Leistungsfähigkeit zu tun! Die Leistung muss ich runterschrauben – wie nur? Mein Geist ist wach und mein Körper will Leistung zeigen. Schmerz schränkt mich ein. Stechender Schmerz der mir die Luft raubt. Knietechniken gehen grade noch, doch nach den ersten Kombinationsübungen kann ich nur noch die Faustkombos üben. Tritte ins Leere geben mir echt die Peitsche.
Großmeister Tasev erkennt meinen guten Willen und nimmt mich beiseite an den Sack. Es geht besser mit Widerstand. Das anspannen und entspannen meiner Bauchmuskulatur erzeugt die Schmerzen! Jetzt lerne ich, wie ich mich bewegen muss mit dieser Einschränkung (sie kann durchaus auch während eines Wettkampfes auftreten) und doch noch Leistung abrufen kann – zumindest eine kleine Zeit lang.
Möglicherweise kampfentscheidende Zeit?!
Bandagen habe ich nicht schnell genug wickeln können. Nach fünf Kombinationen mit jeweils vier Faustschlägen und Low – Kick, tropft Blut von den Knöcheln meiner Fäuste und ich bekomme keine Luft. Schnappatmung. Zurück in die Gruppe. Der Tipp von Benjamin, einem Gelbgurt im Kyokushin Karate, für die Technik meines Low-Kicks, war ein Schlüssel:“Schau mal, wie Fussball. Deinen Standfuss drehst DU IMMER mit hinein! Nur dann ist auch die Hüfte mit unterwegs an den Sack! Sonst bewegt der sich niemals bei Dir. Du willst das der sich bewegt? Dann sag es ihm auch so, das er es versteht. Wie du siehst hat der Sandsack keine Ohren. Wo dein Geist ist, folgt ihm dein Körper.“
Kopftraining. Danke Benjamin.
Eigentlich ist man ja geneigt bei Schmerzen auch „Schmerz“ zu denken. Der Kopf wird komplett besetzt – das ist eine durchaus normale, aber chemische Abwehrreaktion des Körpers. Er will nicht weiter verletzt werden. Wenn man das aber weiß und es sich von vorneherein klar vor Augen führen kann, wird diese zuerst, unüberwindbare, Mauer – Stück für Stück immer kleiner und kleiner.
DAS ist Arbeit am oder im Schmerz. DARIN liegt auch ein Geheimnis von allen großen Trainerlegenden und ihren weltmeisterlichen Schützlingen.
Egal welcher Sport.
Tief durch die Nase ein- und durch den Mund wieder ausatmen. Jeder in meiner Gruppe unterstützt mich. Teilweise kann ich nicht mehr stehen und falle um. Wenn ich in die Kniee gehe ruft immer gleich irgendjemand:“Hoch mit Dir! Auf die Beine!“ oder hilft mir auf.
Ich höre auf die Stimmen. Nur wenn ich mich immer weiter in diesem, äusserst schmerzhaft eingeschränkten, Rahmen bemühe – nur dann kann ich auch meine Grenzen verschieben!
„Los Sven! Hoch mit Dir! Keine Schmerzen! Gib niemals auf! Keine Schmerzen!“
Kampfstellung….
Wie es weitergeht erfahrt Ihr am Montag! Wo? Nur auf German Fightnews.
Euer Uchi-Deshi