Der Uchi-Deshi und das Höllentor der Shaolin

„Alles was unlösbar schien findet seine Lösung. Ein Krieger des Lichts, liebt mit tiefer Zärtlichkeit und kontrollierter Wildheit.

Er ist ein hingebungsvoller Liebhaber und unnachgiebiger Kämpfer. Er hat seine Kraft von dem verborgenen Feind in seinem Innern.

Seine Feinde wählt er sich selbst. Wer mit ihm kämpft sucht ihn. Er lässt sich nicht provozieren. Er hat ein Schicksal, das es zu erfüllen gilt.

Er gibt allen die Zeit die sie brauchen, um ihre Taten zu rechtfertigen. Aber er ist unversöhnlich, wenn es um Verrat geht!

Voller Stolz trägt er die Spuren und Narben der Kämpfe, es sind Zeugen dessen was er erlebt, und Belohnung für das was er errungen hat.

Im Schmerz von gestern liegt die Kraft von heute. Seine Gegner sind sein Segen, sie zwingen ihn für seine Träume zu kämpfen.

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Ein Krieger des Lichts bekommt immer eine zweite Chance.

Sogar in der Schlacht kann er meditieren, er betrachtet die Welt wie ein Zuschauer. Er entspannt und lässt geschehen was um ihn geschieht, er versucht nicht hinzuzufügen oder wegzunehmen. Es gibt Augenblicke in denen man handeln muss und Augenblicke in denen man hinnehmen muss, ein Krieger des Lichts hat die Gabe zu unterscheiden.

Er wird eines Tages an der Seite dessen sein für den er so sehr gekämpft hat.“[…]

(Aus: Der Krieger des Lichts)

Tja Freunde, dieser Tag meines Trainings stellt einen Wendpunkt dar. Anders weiß ich es Euch nicht zu beschreiben.

Wir begrüssen uns wie immer herzlich und schon geht es los. Heute hat wieder Meister Sigi den Hut auf – er ist dafür verantwortlich uns gewissenhaft aufzuwärmen. Nach dem Aufwärmen und Dehnen beginnen wir mit Bodentechniken. Viktor, ebenfalls ein Anfänger so wie ich, ist mein Partner. Er ist halb so alt, wie ich und ist bereits eine imposante Erscheinung. Wir klatschen ab und legen los.“Weisst Du wie das mit dem Beinlock geht?“ fragt mich Viktor.“Ja. Aber lass mal erstmal anfangen, so, der Meister schaut schon.“

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Viktor greift an – so heftig, das er mich komplett überrascht! Mit seinen ganzen 90kg fällt er auf mich und drückt mir die Luft aus dem Brustkorb, meine Rippen fühlen sich an, als würden sie gleich meine Haut durchstossen!!

Ich schreie und klopfe! Tap-Out! Er lässt ab. Ich krümme mich stöhnend am Boden vor Schmerz. WOW! Hoch mit deinen Knochen! Kampsstellung, schreit die Stimme in meinem Kopf. Ich wuchte mich zurück auf die Beine. Das war kein Übungsstyle – das war Ernst!

Kampfstellung. Mein Kopf zögert. Ernsthaft.

Sonst ist man im Kopf geschützt, durch das Bewusstsein einer Übungskünstlichkeit. „Künstlichkeit“ so nennen Ausbilder das und meinen damit, das man die Wirklichkeit nur bis zu einem gewissen Grad nachstellen kann – das das äusserst real geht, habe ich selbst erlebt.

Niemand kann sich auf die Realität vorbereiten. Nichts schlägt so hart zu wie das Leben höchstselbst.

Wie Ihr wisst: Ist DAS ein Fakt.

Mir steht ein junger Mann aus Peru gegenüber. Mir wird auf einmal klar, das ich ihn nicht kenne – ich weiß überhaupt nichts von seinem Leben. Wie er mir gegenübertritt DAS bemerke ich. Er hat Wut auf irgendwas. Bin ich das? Gehört das dazu? Was ist hier los? Hilfesuchend sehe ich mich um. „Du musst mit ihm kämpfen!“ — es gibt keinen anderen Weg – niemand wird Viktor sagen, mach mal nicht so doll. Eine Realität mit der ich nun zurecht kommen muss, ob ich nun will oder nicht.

Wir kämpfen. Ich verliere.

Wir wechseln die Partner. Nun ist ein Gelbgurt im Kyokushin Karate mein Gegner: Camil. Diese Ehre hatte ich bereits in meiner ersten Woche und ich habe mich auf einen Wettkampf mit einem Gelbgurt eingelassen – diesen habe ich verloren. Heute darf ich wieder lernen.

Wir beginnen und Camil gewinnt die erste Runde sofort und ohne Schwierigkeiten. Die zweite Runde sieht schon anders aus. Ganz anders. Ich habe Camil im Würgegriff am Boden. Er dreht und bäumt sich auf. Er ist sehr stark. Ich brauch nur meine Hände zusammenhalten – Camil schafft es sich mit mir zusammen einmal herumzurollen und wir liegen danach unverändert. Ich ziehe meinen Griff zu, wie eine Anakonda.  Irgendwas will ihn besiegen. Bin ich noch ich selbst? Mein Würgegriff ist stark und fest, eine Technik die ich berherrsche, noch aus dem Ju Jutsu und Judo. Ich lasse nicht los – ich höre mich an wie eine Dampflokomotive. Mir alles scheissegal jetzt! Ich will ihn besiegen, koste es was es wolle! Eine mir fremde Persönlichkeit übernimmt meinen Geist.

Ich will den Sieg!

Und tatsächlich!! Camils Hand klatscht an meinen Innenschenkeln ab?!

JA! Ich löse meinen Griff und schreie meine Freude heraus! Doch: Camil sagt zu mir:“Warum sollte ich mit der Hand abklatschen, die du einklemmst? Meine Rechte war komplett frei – Du hast mich nicht besiegt.“ — KRAAASS!!! Wie peinlich ist das denn? Mit gesenktem Kopf bitte ich Camil um Verzeihung für diesen Irrtum – er klatscht ab.

Danke Camil.

Das hat Großmeister Tasev alles mitbekommen. Man sieht ihn nur lächelnd vorbeigehen.

Nun stehen wir uns gegenüber für ein Sparring (mittel) ohne Handschuhe. Blanke Knöchel. Schläge zum Bauch und Low Kicks. Links – rechts. Immer im Wechsel.

Dort begegne ich Hugo, dem Bruder von Viktor. Wir legen los. Die ersten Schläge auf meinen Bauch und die Brust sind ein Weckruf!

„Guten Morgen!!“ Die Luft wird mir aus dem Leib geboxt. Ich sehe Sterne. Low Kicks. Die tun richtig weh! Scheisse. Ich komm erst gar nicht klar. Dann höre ich Meister Karamans Stimme in meinem Kopf. Wie er zu mir sagt:“Geh rein! Bleibt stehen! Nimm die Dinger! Und dann sagst Du: „Guten Tag!“ Hugos Schläge sind definitiv kein Witz. Seine Tritte zwingen mich bereits zu Vermeidungshaltungen. Nun wehre ich mich. Meine Low Kicks sitzen nicht richtig – Hugo korrigiert mich freundlicherweise.

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Nichts das ich mache scheint Wirkung zu besitzen. Jeder mit dem ich kämpfe, zeigt keinerlei Reaktion, während ich vor Schmerz schreie und stöhne, zu Boden gehe aufstehe, zu Boden gehe und doch immer wieder aufstehe.

Meine Oberschenkel sind durch die Low Kicks bereits so angeschlagen das ich kaum noch richtig stehen kann.

Wechsel. Neuer Gegner – neues Glück.

Eine kleine, zarte Frau steht nun vor mir. Ich bin zwei Köpfe größer als sie. Da muss sie jetzt durch! Ich stelle mich vor ihr auf und sage:“Leg los! Ich kann Dich nicht schlagen! Also machst nur Du!“ Sie schaut irritiert und beginnt erst zögerlich, als ich nachsetze und sie ernsthaft bedränge, versteht sie das sie massiver werden muss. Die Kleine legt los! „Nimm Deine Hüfte rein.“ JETZT feuert die kleine Frau auf einmal Schläge ab, die sich echt sehen lassen können! Sie tritt mich Links und Rechts – Innenschenkel, Oberschenkel. Schläge auf den Bauch. Sie trifft irgendiwe immer genau dieselbe Stelle! Langsam bekomme ich Respekt vor ihr. Sie ist bereits voll fertig – aber ich lasse sie nicht in Ruhe.

Die Ringglocke erlöst uns beide.

Die folgende Übung wird mit Oberkörperschutz durchgeführt. Großmeister Tasev verlangt Kombinationstechniken, so wie wir es in einem Kampf machen würden – doch ohne Pause! „Ihr macht Druck bis die Glocke aufhört mit piepen! Habt Ihr mich verstanden?“

„OOOUUUSSS!“ Schallt es ihm entgegen.

Wie ich kämpfe? Ich habe noch nie gekämpft. Aber ich kenne ja jetzt einige Kombinationen. Viktor trägt den Schutz und es geht los. Ich habe bereits wieder den Tunnelblick. Mein Körper und ich halten Zwiesprache. Ich gewinne. Da ich jeden Schlag so ausführe, als wäre er mein letzter – bin ich nach ein paar Sekunden Arbeit völlig ausgepowert, höre aber nicht auf, ich werde nur langsamer. Immer weiter draufhauen, treten, draufhauen, treten. Immer weiter, weiter! Der Raum beginnt sich zu drehen. Mir wird schwarz vor Augen – mein Puls rast! Ich kann nur noch die Arme hochreissen und muss atmen. „Hey! Was ist los mit Dir?“ Meister Bobo´s Stimme bewahrt mich vor einer Ohnmacht. Auf sie konzentriere ich mich!! Und finde zurück. „Einatmen-Ausatmen!“ ruft er mir zu.

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Mein Puls geht runter. Ich sehe langsam wieder klar. Kampfstellung – Fäuste hoch! Weiter gehts. Nach meinen Kombinationen auf den Oberkörperschutz, folgen blanke Fäuste auf meinen Bauch – wehren darf ich mich jetzt nicht! Drei Minuten standhaft bleiben! Wahnsinn! Diese Schmerzen!! OMG! Meine Kniee wackeln und ich könnte heulen vor Schmerz. Meine Arme kann ich nicht mehr oben halten, meine Beine sacken zusammen. Warum zum Teufel, stehe ich bloß immer wieder auf? Alles in mir will eigentlich liegenbleiben. Diese Schmerzen sind einfach unerträglich! Argh!

Ich bin auf einmal voller Angst! Angst lähmt mich. Ich bin schon bereit aufzugeben. Da kommt mir Bülent Karaman in den Sinn, als ich ihm und seinen Brüdern das erste Mal begegnet bin: Alter! Meine Kniee haben krass gezittert – so einen Schiss hatte ich als ich ihnen auf der Matte gegenüber stand. Daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht, weil es schlicht die Wahrheit ist. Eine Möglichkeit bleibt einem ja immer übrig: Gehen. Einfach nach Hause gehen. Nichts machen. Alles einstecken. Von Jedem und Allem, wie ein Hund! Jeder Schlag der mich trifft, ist eine Aufforderung an mich: „Geh! Nach Hause alter Mann! Mach das Du wegkommst!“

„Niemals!“ Schreie ich meinem Ego entgegen! „Ich stehe hier und kämpfe!“

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„Mut ist nicht, keine Angst zu haben, sondern die eigene Angst zu überwinden. Dort wo Deine Angst am Größten ist – DORT führt Dein Weg entlang! Im heissesten Feuer, dort werden echte Krieger geboren!.“ DAS waren Bülent´s Worte. Wenn man sich fast einscheisst, ist das allgemein schwer umzusetzen – doch er hatte tatsächlich recht. Bereits mit dem Betreten dieses kleinen Dojos im Bezirk Berlin-Schöneberg, begann ein neuer Weg für mich. Ein Weg auf dem Ihr mich nun begleitet. Aus mir wurde ein Schüler eines Großmeisters. Eine sehr, sehr große Ehre, auch oder gerade heutzutage. Wie gesagt: Warum, weiß ich nicht. Diese Frage kann ich Euch nicht beantworten. Warum ich bislang im Trainingsanzug trainiere? Das kann ich Euch beantworten: Traditionell ist es einem Anfänger, nicht erlaubt irgendein Abzeichen zu tragen, bevor er nicht offiziell aufgenommen wurde.

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Meine erste Ehre ist es im Dojo sein zu dürfen. So fängt alles an. Erst wenn die ganze Gruppe überzeugt ist, das ein Anwärter diese Gemeinschaft bereichert, somit würdig ist unter ihnen zu wandeln, muss er sich dieser Gruppe im Kumite stellen.

Das bedeutet in der Sprache des Kyokushin Karate: 10x zwei Minuten kämpfen und stehen – OHNE das es eine Gurtprüfung ist.

In anderen Institutionen mag das sicher alles ganz anders laufen. Wenn Ihr es aber traditionell erleben wollt, sucht Euch eine Schule die es nach ähnlichem Vorbild macht.

Darf ich nun bald den „Gi“ mit den kurzen Ärmeln und dem legendären Kyokushin Abzeichen tragen?

DAS lest Ihr hier. Wo? Nur bei German Fightnews.

Bleibt gespannt.

Euer Uchi-Deshi